DAS WIEN AKTUELL 16 Ein von der FPÖ präsentiertes „Geheimpapier“ sorgt für Aufregung. Demnach soll bereits hinter den Kulissen zwischen ÖVP, SPÖ und den Neos eine Koalition ausgepackelt worden sein. Und zwar noch bevor die Bürger am 29. September aufgerufen werden, einen neuen Nationalrat zu wählen. FPÖ-Chef Herbert Kickl ist empört und spricht von einer „Koalition der Verlierer“. Auch fordert Kickl den SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Babler und die Zweite Nationalratspräsidentin Bures (SPÖ) dazu auf, sofort eine „Demokratieerklärung“ abzugeben. „Allein schon der Umstand, dass Nehammer und Babler schon in Hinterzimmern über die Köpfe und den Willen der Wähler hinweg eine linke ‚Anti-Österreich-Ampel‘ der Verlierer aushandeln, kommt einer beispiellosen Demontage unserer Demokratie gleich“, konstatiert Kickl. Protokoll-Bruch Neben der Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos soll in diesem „Geheimpapier“ auch die Bestellung des Ersten Nationalratspräsidenten ausgemacht worden sein. Und diese soll angeblich entgegen aller Gepflogenheiten erfolgen. Denn bislang war es Usus in der Geschichte der Zweiten Republik, dass dieser im Protokoll des Staates zweithöchste Posten an jene Partei geht, die bei den Nationalratswahlen auf Platz eins landet. Jetzt liegt aber die FPÖ seit Monaten in allen Umfragen auf genau diesem Platz eins. Der Posten des Nationalratspräsidenten müsste also traditionell an die Freiheitlichen gehen, wenn diese tatsächlich Erste werden. Das gefällt den anderen Parteien aber offenbar nicht so gut, denn laut „Geheimpapier“ soll bereits ausgepackelt sein, dass dieses zweithöchste Amt im Staat an SPÖ-Urgestein Doris Bures gehen soll. Fassungsloser Kickl Das freilich wäre ein demokratiepolitischer Skandal der Sonderklasse. Die offenbare Bereitschaft von ÖVP und SPÖ gegebenenfalls mit einem pinken Beiwagerl eine Mehrheitsbildung gegen den Wählerwillen zu betreiben und dafür über Jahrzehnte hinweg gelebte Gepflogenheiten und Usancen zu brechen, sei „Demokratieverachtung par excellence“ und müsse bei allen Wahlberechtigten die Alarmglocken schrillen lassen, zeigt sich FPÖ-Chef Kickl dementsprechend fassungslos. Naheliegende Vermutung Jetzt wissen wir nicht, ob es dieses „Geheimpapier“ tatsächlich gibt, oder ob es nur eine Erfindung der FPÖ-Parteizentrale ist. Fakt ist aber, dass es ein nicht unwahrscheinliches Szenario darstellt. Denn laut Umfragen werden ÖVP, SPÖ und Grüne bei den kommenden Nationalratswahlen massiv an Wählerzustimmung verlieren, während die Freiheitlichen gute Aussichten haben, erstmals auf Platz eins zu landen. Was ist also naheliegender, dass sich ÖVP, SPÖ und Neos einhängen, um einen Kanzler Kickl zu verhindern? ÖVP-Kanzler Nehammer könnte auf seinem Posten bleiben, die SPÖ könnte endlich wieder mitregieren und die Neos könnten erstmals einer Bundesregierung angehören. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Sieben Parteien im Parlament? Die Frage ist nur, ob diese von den Freiheitlichen als „Koalition der Verlierer“ verspottete Konstellation inhaltlich auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Aber letztendlich wird wohl die unstillbare Gier nach Macht, Posten und Geld den Ausschlag geben. Bleibt nur abzuwarten, wie der Wähler das sieht. Denn diesmal sind mit der Bierpartei, den Kommunisten und der Liste Petrovic mehrere neue Player im Spiel, die das Parlament ordentlich durchmischen könnten. Es könnte also durchaus passieren, dass es statt wie bisher fünf Parteien, bald sechs oder sieben Parteien im Parlament gibt, die Mehrheitsbildungen nicht unbedingt einfacher machen werden. Genau wissen wir es allerdings erst am 29. September. Da wird gewählt. Angebliches Geheimpapier sorgt für Aufsehen und Wählertäuschung Ist Schwarz-Rot-Pink bereits ausgepackelt? FPÖ-Chef Kickl fordert SPÖSpitze Babler sowie Bures deshalb zu einer„Demokratie-Erklärung“ auf. © Parlamentsdirektion/Johannes Zinner
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