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DAS WIEN AKTUELL 10 Jetzt ist es also so weit. Die berühmt berüchtigte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat entschieden, dass gegen den früheren Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Anklage erhoben wird. Dafür hat die WKStA ganze 829 Tage ermitteln müssen. Vom 12. Mai 2021 bis zum 18. August 2023! Dass das Verfahren so lange in Schwebe war, zeigt, dass die Vorwürfe offenbar auf sehr schwachen Beinen stehen. Bemerkenswert ist, dass die Ermittlungen derart lange gedauert haben und die Medien wieder einmal lange vor den Betroffenen über die weiteren Verfahrensschritte informiert waren. Immer wieder sind Teile von Ermittlungen, Chats und andere Informationen bereits vorab an die Medien gespielt worden. Es wurde spekuliert, mit vagen Behauptungen herumgeworfen und politische Spielchen veranstaltet. Internationale Vernetzung Immerhin ging es gegen den ÖVP-Shootingstar und Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Und da ist aus der Sicht der politischen Gegner alles erlaubt. Sein „Verbrechen“: Er hat eine durchaus erfolgreiche und beim Volk beliebte Koalition mit der bösen, bösen FPÖ geschlossen. Bis die Nachwirkungen des Ibiza-Videos dem steilen Aufstieg, letztendlich ein jähes Ende setzten. Sehr zum Jubel der linken Mainstreammedien und natürlich auch zum Jubel der politischen Gegner, die ihm den Erfolg logischerweise nie gegönnt haben. Das hat aber offenbar noch nicht gereicht. Was beim ehemaligen FPÖ-Vizekanzler gelungen ist – nämlich ihn wirtschaftlich, finanziell und politisch komplett auszuschalten – wurde auch bei Kurz probiert. Mit deutlich weniger Erfolg. Anders als Strache ist Kurz immer noch Parteimitglied, anders als Strache hat Kurz nach seinem Ausscheiden aus der Politik einen hochdotierten Job gefunden und anders als bei Strache hat er sich weiterhin international in Szene gesetzt. Sei es bei seinem Wechsel in die Privatwirtschaft zu US-Investor Peter Thiel, oder erst kürzlich bei einem Society-Event am Rande der Salzburger Festspiele, wo er einiges an Prominenz um sich scharte. Zuletzt überraschte Kurz mit einem Auftritt bei der Leichtathletik-WM in Budapest, wo er gemeinsam mit dem Ungarischen Premier Viktor Orbán sowie dem früheren slowenischen Premier Janez Janša zu sehen war. Ein Rückzug aus der Öffentlichkeit sieht anders aus. Auf alle Fälle muss sich Kurz ab 18. Oktober am Wiener Landesgericht für Strafsachen verantworten. Die Verhandlung ist auf drei Tage anberaumt, die Urteile sollen am 23. Oktober fallen. Es geht darum, dass Kurz vorgeworfen wird, er hätte als Auskunftsperson vor dem U-Ausschuss zum Thema Ibiza-Untersuchungsausschuss, insbesondere im Zusammenhang mit der Befragung zur Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft, falsch ausgesagt. Auch wenn der Strafrahmen dafür bis zu drei Jahre Haft beträgt, schätzt das die Mehrheit der Bevölkerung wohl eher als Bagatell- oder Kavaliersdelikt ein. Selbst wenn wohl viele der politischen Gegner Kurz für immer hinter schwedischen Gardinen sehen wollen, wird bei diesem Prozess wohl nicht mehr herauskommen als beim Hornberger Schießen. Gute Karten Bei einem Freispruch wäre Kurz rehabilitiert und könnte durchaus wieder in die Politik zurückkehren. Die Voraussetzungen dafür stehen jedenfalls nicht schlecht. So rangiert die ÖVP mit ihrem Bundeskanzler Nehammer aktuell bei Umfragen um die 20 Prozent. Kein Vergleich zu Kurz. Der hat bei der letzten Nationalratswahl 2019 37,46 Prozent für die damals noch türkise ÖVP erreicht. Und von diesem Kurz-Erfolg profitiert die Partei bis heute. Denn die damalige Mandatsaufteilung ist immer noch in Kraft. Nehammer Steht Messias Sebastian Kurz kurz vor seiner Auferstehung? Die Vorfreude des Ex-Kanzlers auf den Prozess ist groß – Schlussendlich kommt nun laut seinem Twitter „endlich die Wahrheit ans Tageslicht“. © Ulrich Renner

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