DAS WIEN AKTUELL 2 Pauschalförder-Modell? Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut, war einmal der Slogan der Wirtschaftskammer. Und das stimmt sogar. Das Problem ist nur, dass es der Wirtschaft derzeit alles andere als gut geht. Und das hat vielerlei Ursachen. Da wären einmal noch immer die Nachwirkungen der Pandemielockdowns, in denen zahlreichen Branchen quasi ein Berufsverbot auferlegt wurde. Viele mussten Personal entlassen, Kurzarbeiten, oder ganz zusperren. Etliche Betriebe haben nie wieder aufgesperrt. Freigestelltes Personal hat die Branche gewechselt und ist für ihre alten Jobs nicht mehr verfügbar. Das spüren vor allem Gastronomie- und Tourismusbetriebe. Sie suchen händeringend nach Köchen, Kellnern und gelernten Fachkräften. Gab es nach der Pandemie ein kurzes Aufblühen der Wirtschaft, so wurde dieses zarte Pflänzchen von Russischen Militärstiefeln jäh zertreten. Das Ergebnis waren und sind harte Wirtschaftssanktionen gegen einen unserer wichtigsten Handelspartner. Dabei wirken sich die von der EU verhängten Sanktionen in erster Linie auf die Energiekosten aus. Das jahrzehntelang regelmäßig und pünktlich gelieferte Gas aus Russland ist nun böses Gas und darf nicht mehr gekauft werden. Dafür kauft man stattdessen Gas aus alternativen Quellen, wie etwa aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nur das ist deutlich teurer. Das merken alle. Aber besonders die energieintensiven Wirtschaftsbetriebe. Das hat auch die Politik erkannt und sich Gegenmaßnahmen überlegt. Etwa einen Energiekostenzuschuss (EKZ). Auch hat Bundesminister Martin Kocher (ÖVP) im September ein Pauschalfördermodell für Kleinunternehmen angekündigt. Bis heute fehlt davon jedoch jede Spur. Hundertausende Kleinunternehmen und Selbständigen droht somit das Aus, wenn der Minister nicht bald liefert. Viele kleine Unternehmen und Selbständige haben mittlerweile ihre Reserven aufgebraucht. Sie haben sich auf die Ankündigung des Ministers verlassen, doch der lässt sie seit fünf Monaten im Regen stehen. Selbst den Energiekostenzuschuss ist nicht so einfach abzurufen. Viele Unternehmen klagen über die bürokratischen Vorgaben rund um den EKZ. Da hilft es auch nichts, wenn Kocher behauptet, die Unternehmen könnten an ihren Lastprofilzählern den eigenen Stromverbrauch monatlich ablesen. Das klingt in der Theorie zwar einfach, ist aber in der Praxis für KMU mit hohem Aufwand verbunden. Für viele kleine Unternehmen ist der EKZ nicht praxistauglich. Doch nicht nur auf nationaler Ebene läuft es suboptimal. Auch die Europäische Zentralbank trägt mit ihrem Schlingerkurs nicht gerade zur Beruhigung der Lage bei. So versucht die EZB mit ständigen Zinserhöhungen jetzt plötzlich die steigende Inflation zu bekämpfen. Unternehmer, aber auch Privatkunden müssen mit einer Steigerung ihrer Kreditraten um drei Prozent und mehr rechnen. Das ist nach zwei Jahren wirtschaftsfeindlicher Corona-Politik der nächste herbe Schlag. Dabei ist es derzeit zwar gerade bei EU-Institutionen große Mode, für alles, dem Krieg in der Ukraine, die Schuld zu geben. Die hohe Kerninflation, bei der Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt werden, spricht jedoch eine andere Sprache. So hat die EZB den Euroraum auch dann noch mit Geld geflutet, als die Warnsignale für massiv steigende Inflation bereits unübersehbar waren. Diese völlig verfehlte Geldpolitik der EZB in den letzten Jahren müssen wir jetzt ausbaden. Für die EZB wäre es höchst an der Zeit, endlich wieder ihrer Kernaufgabe nachzukommen – und die heißt Preisstabilität. Dann geht’s auch der Wirtschaft wieder gut und uns allen gut. Geschätzte Leser! Liebe Leserinnen! EDITORIAL von Heinz Knapp ANZEIGE
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